Montag, 29. September 2008

Nora’s Baby (2)

Das Baby, wenn es denn nun mal geboren ist, stellt sich natürlich immer als widerspenstiger heraus, als einem das im ersten Überschwang bewusst ist. In meinem konkreten Fall habe ich mich heute aufgemacht, frühzeitig zu erklären, dass am 5. Dezember hier mein letzter Arbeitstag ist und sich meine Mitgliedschaft auf die vereinbarten drei Monate beschränken wird. Und dass das für mich impliziert, dass ich für eine dreimonatige Mindestbindung auch nur drei Monate zahle. Und nicht dreieinhalb.

Nun weiß, wer mich kennt, dass ich in der Regel lieber zahle als diskutiere. Aber Nora sollte mich erst mal kennenlernen! Diesmal habe ich die Sache einfach ausgesessen. Im wahrsten Sinn des Wortes. Auf jeden Versuch mir zu erklären, dass sie die Monate erst vom ersten ganzen Monat weg rechnen, hab ich gelächelt und wiederholt, dass ich für drei Monate drei Monate zahle und nicht dreieinhalb. Das schaubte sich hoch: Vom Reception Officer zum Membership Consultant, von dort zum Front Office Manager. Als das noch nicht half, haben sie zu zweit auf mich eingeredet und haben schließlich noch den Club General Manager konsultiert.

Am Ende habe ich weniger bezahlt, als ich ihnen schon als Kompromiss vorgeschlagen hatte.

Donnerstag, 11. September 2008

Nora’s Baby (1)

Viele Probleme schiebe ich deshalb auf die lange Bank, weil nicht klar definiert ist, was der erste Schritt zu ihrer Lösung ist. Es bringt daher nichts, Energie und Selbstüberwindungskraft aufzuwenden, um was zu tun, sondern schlicht zu konkretisieren, was als nächstes zu tun ist.
Jüngstes Beispiel: Mein Beitritt zum Fitnessstudio im achten Stock unseres Büro-Hochhauses, von dessen zweiundzwanzigsten ich schön auf den Hafen von Singapur hinuntersehe, wenn ich grad nichts anderes zu tun habe. Der nächste Schritt zum durchgestählten Körper ist also, nach dem nächsten Mittagessen im achten Stock auszusteigen, eine Preisliste zu holen und dann zu entscheiden, ob es sich einzahlt einzuschreiben oder nicht. Ich bin ja bei so was furchtbar altmodisch und käme nicht etwa auf die Idee, in den zweiundzwanzigsten Stock durchzufahren, und dort im Internet die Information zu ersurfen, die ich im achten zu bekommen erhoffe.
Allein, meine Pläne setzen voraus, dass die Leute hier so ticken wie ich. Das tun (nicht nur in Singapur) aber die wenigsten.

Auch nicht Nora. Das ist mein persönlicher Membership Consultant. Oder wie immer das heißt. Jedenfalls ist sie so bildhübsch, wie das eine Frau unter 1,60 und unter 50 kg halt zu sein vermag, quirlig und recht freundlich. Sie legt mir gleich mal nahe, sie zum Abendessen einzuladen. Und sie zerstört in Windeseile meine Vorstellung, ich könnte da einfach so reinlatschen und mir eine Preisliste holen. Stattdessen führt sie ein formularbasiertes Aufnahmegespräch, in welchem sie gleich nach dem Namen meinen Arbeitgeber abfragt, meine Erwartungen an ein Fitnessstudio, meine Motivation, körperliche Befindlichkeit und noch 100.000 anderen Dinge. Gleichzeitig legt sie die Vorzüge des Multi-Passes, die Zusammensetzung des Welcome-Packages und den Inhalt des dreibändigen Fitness- und Ernährungsguides dar. Nachdem ich bereits eine halbe Stunde auf dem heißen Stuhl geschmort habe, legt sie mir Preise dar, die das gesamte bisherige Prozedere eigentlich erübrigt hätten.
Allein – der ist eben hier Gegenstand von Verhandlungen, im Zuge derer sie natürlich zu ihrem Manager pilgern muss, um mit einem Freudenstrahlen, als hätte sie ihre Jugendliebe nach 14 Jahren und zweieinhalb Monaten bangen Wartens endlich geküsst, zurückzukehren und mir die freudige Botschaft zu überbringen, dass sie die Konditionen jetzt speziell an meine Situation anpassen könnten.

Seither bin ich Mitglied. Und wenn immer ich die klitzekleinste Art von Frage habe, dürfte ich mich jetzt vertrauensvoll an sie wenden. Schließlich freue sie sich so, dass ich mich für ihren Club entschieden hätte. Und überhaupt könne mir jetzt auf Gottes Erdboden gar nichts mehr zustoßen, denn ich sei ja jetzt „Nora’s Baby“.

Sonntag, 7. September 2008

Strandbesuch Nr. 1

Ihr glaubt ja alle, ich vergnüge mich hier am weißen Palmenstrand... Seit heute habt Ihr Recht. Zwar liegt Singapur am Hafen, nicht am Strand, aber solche Details in Punkto Wasserqualität darf man als Binneneuropäer durchaus mal ignorieren. Mehr als 3 Meter weit sieht man im Züri-See auch nicht.

Dafür passiert es einem in Zürich nicht, dass so ein White Beach an einem gewöhnlichen sonnigen Sonntagnachmittag einfach brach in der Gegend rumliegt. Weil sich nämlich die Gäste, die sich dorthin verirren, alle um die Strandbar scharen. Und die ist doch einigermaßen ziemlich cool, muss ich sagen. Lauter schöne und schönste Menschen. Fast. Wären da nicht ein paar fette (im doppelten Wortsinn) Australier, man würde sich unversehens in einem Bacardi-Werbespot glauben.

Samstag, 6. September 2008

Chinesisches Schach

In einem englischen Pub chinesisches Schach spielen? In Singapur kein Problem. Die Idee ist ganz ähnlich wie beim bei uns verbreiteten Schach (no na, kommt ja von den Chinesen...), nur spielt man es auf den Kreuzungen der Gitterlinien statt auf den Feldern. Ach ja, und ein paar Figuren sind anders. Die Kanone etwa, die aber nur funktioniert, wenn etwas im Weg steht. Etwas irritierend ist natürlich, dass die Figuren flach wie Mühle-Steine sind und sich voneinander nur dadurch unterscheiden, dass auf dem Turm Turm steht und auf dem Springer Springer. Aber auf chinesisch, was Schach für Analphabethen wie mich beinahe zum Elitesport der Gebildeten macht.