Viele Probleme schiebe ich deshalb auf die lange Bank, weil nicht klar definiert ist, was der erste Schritt zu ihrer Lösung ist. Es bringt daher nichts, Energie und Selbstüberwindungskraft aufzuwenden, um was zu tun, sondern schlicht zu konkretisieren, was als nächstes zu tun ist.
Jüngstes Beispiel: Mein Beitritt zum Fitnessstudio im achten Stock unseres Büro-Hochhauses, von dessen zweiundzwanzigsten ich schön auf den Hafen von Singapur hinuntersehe, wenn ich grad nichts anderes zu tun habe. Der nächste Schritt zum durchgestählten Körper ist also, nach dem nächsten Mittagessen im achten Stock auszusteigen, eine Preisliste zu holen und dann zu entscheiden, ob es sich einzahlt einzuschreiben oder nicht. Ich bin ja bei so was furchtbar altmodisch und käme nicht etwa auf die Idee, in den zweiundzwanzigsten Stock durchzufahren, und dort im Internet die Information zu ersurfen, die ich im achten zu bekommen erhoffe.
Allein, meine Pläne setzen voraus, dass die Leute hier so ticken wie ich. Das tun (nicht nur in Singapur) aber die wenigsten.
Auch nicht Nora. Das ist mein persönlicher Membership Consultant. Oder wie immer das heißt. Jedenfalls ist sie so bildhübsch, wie das eine Frau unter 1,60 und unter 50 kg halt zu sein vermag, quirlig und recht freundlich. Sie legt mir gleich mal nahe, sie zum Abendessen einzuladen. Und sie zerstört in Windeseile meine Vorstellung, ich könnte da einfach so reinlatschen und mir eine Preisliste holen. Stattdessen führt sie ein formularbasiertes Aufnahmegespräch, in welchem sie gleich nach dem Namen meinen Arbeitgeber abfragt, meine Erwartungen an ein Fitnessstudio, meine Motivation, körperliche Befindlichkeit und noch 100.000 anderen Dinge. Gleichzeitig legt sie die Vorzüge des Multi-Passes, die Zusammensetzung des Welcome-Packages und den Inhalt des dreibändigen Fitness- und Ernährungsguides dar. Nachdem ich bereits eine halbe Stunde auf dem heißen Stuhl geschmort habe, legt sie mir Preise dar, die das gesamte bisherige Prozedere eigentlich erübrigt hätten.
Allein – der ist eben hier Gegenstand von Verhandlungen, im Zuge derer sie natürlich zu ihrem Manager pilgern muss, um mit einem Freudenstrahlen, als hätte sie ihre Jugendliebe nach 14 Jahren und zweieinhalb Monaten bangen Wartens endlich geküsst, zurückzukehren und mir die freudige Botschaft zu überbringen, dass sie die Konditionen jetzt speziell an meine Situation anpassen könnten.
Seither bin ich Mitglied. Und wenn immer ich die klitzekleinste Art von Frage habe, dürfte ich mich jetzt vertrauensvoll an sie wenden. Schließlich freue sie sich so, dass ich mich für ihren Club entschieden hätte. Und überhaupt könne mir jetzt auf Gottes Erdboden gar nichts mehr zustoßen, denn ich sei ja jetzt „Nora’s Baby“.
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