Sonntag, 21. Dezember 2008

Good morning, Vietnam!

Habe ich schon erwähnt, dass ich eine verdeckte Schwäche für Sechziger Jahre Architektur habe? Neben Flower-Power, freier Liebe und Vietnamkrieg-Stopp eine Errungenschaft jenes Jahrzehnts, die in den Köpfen, Herzen und sonstigen Körperteilen weniger stark verhaftet ist. Den Wiedervereinigungspalast in Saigon empfinde ich als besonders gelungenes Beispiel. Ich meine, was sonst ist nach 50 Jahren noch schön? Die 70er Jahre Muster sind zwar kürzlich plötzlich wieder hipp gewesen, aber vom Ästhetik-Standpunkt aus... brrrrrr! Da lieber die schlichten Formen, die die Materalien schön zur Geltung bringen. Dazu kommt im vorliegenden Beispiel noch der schöne Einsatz von Glas und Licht und das absolut gelungene Zusammenspiel von Architektur des 20. Jahrhunderts mit traditionellen asiatischen Stoffen, Möbeln und Kunstwerken.

Der „Tempel des Jade-Kaisers“, so wie die anderen chinesischen taoistischen Tempel hier sind ganz anders als jene in Thailand, Kambodscha und Laos. Zwar beobachte ich die gleichen Riten der Verehrung die gleichen, aber die werden hier nicht Buddha zuteil, sondern „himmlischen Kaisern“ und zur Gottheit erhobenen Generälen. Und ähnlich wie bei den katholischen Heiligen, scheint auch hier jede Gottheit ihre eigene Zuständigkeit zu haben.

Rechtzeitig zum fotogenen Abendlicht gelange ich in einen Park, wo die Asiaten so etwas wie Ausgleichgssport betreiben: Federball oder eine Art Rattan-Fußball: Wie Volleyball im Kreis, nur wird dabei ein Ball aus Rattan oder ein gefederter Schlagball verwendet. Amazing, was die Jungs (und ein paar Mädels) hier alles fertig bringen. Wer den Ball fallen lässt, macht Liegestütz. Die anderen Sportarten wie Walking oder Gymnastik werden so zurückhaltend ausgeführt, dass sie als Sport kaum noch zu erkennen (und wohl auch kaum wirksam) sind.

Mit einem Lächeln wird hier sehr schnell Kontakt gemacht. Ich erlebe die Einwohner hier sehr freundlich und offen. Ein Student fragt mich, ob ich Fotograf bin und will ein paar Fotos sehen. Daneben ein Herr in seinen Fünfzigern, der sich einst mit einem Französisch-Englischen Lehrbuch selbst Englisch beigebracht und dann für den CIA übersetzt hat. Nach dem Abzug der Amerikaner landeten Leute wie er im Konzentrationslager. Ihm gelang die Flucht mit den Boat People, heute unterrichtet er in den USA und ist gerade auf Heimaturlaub.

Abends lasse ich mich noch zu Do-it-yourself-Frühlingsrollen in Reispapier ausführen. Und natürlich zu einem Drink. Aber nur einen, denn die hier ansässig gewordene Bevölkerung muss ja morgen arbeiten.

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